
Mit 25 Jahren und einem abgeschlossenen Studium der Germanistik und Politikwissenschaften in der Tasche, machte sich Stefanie Ulrich auf, Deutschland und die Welt zu sehen. 20 Jahre später und um viele Erfahrungen reicher, kehrte die geborene Stuttgarterin als Personalleiterin bei Audi zurück nach Baden-Württemberg und trägt jetzt am Standort Neckarsulm die Verantwortung für 14.800 Mitarbeiter. „Die Region Heilbronn gehört seit dem 19. Jahrhundert zu den großen Industriezonen in Baden-Württemberg und der Standort Neckarsulm hat eine lange Tradition“, so Ulrich.„Wir beschäftigen hier ganze Familien über mehrere Generationen hinweg.“ Das sei eine enorme Verantwortung, denn die Region zähle auf Audi als größten Arbeitgeber.
Im Gegenzug ist Ulrich sehr herzlich aufgenommen worden. „Die Neckarsulmer Audi-Mitarbeiter sind sehr integrativ und herzlich“, stellt sie anerkennend fest. „Ich habe mich schnell wieder eingewöhnt und auch der Dialekt geht wieder“, schmunzelt sie. Privat schätzt sie an der Region heute Dinge, die sie früher eher als gottgegeben hingenommen hat: die abwechslungsreiche Landschaft, das kulturelle Angebot, das milde Klima – insgesamt eine große Lebensqualität. Diese Erfahrung machen jährlich rund 250 ausländische Kolleginnen und Kollegen, die für einen Auslandsaufenthalt nach Neckarsulm kommen.
Internationale Erfahrungen konnte Ulrich während ihres Traineeprogramms bei Volkswagen in Shanghai sammeln. Eine richtige Feuertaufe war jedoch ihre Arbeit als Personalleiterin bei Audi Brussels. Ulrichs Aufgabe nach der Restrukturierung des ehemaligen Volkswagenwerks war es, vor allem Vertrauen zu schaffen. Darüber hinaus galt es, Kompetenz aufzubauen und den Anlauf des A1 zu stemmen – und das in einem Land, in dem offiziell drei Sprachen gesprochen werden.
„Herausfordernd“ meint Ulrich, „unmöglich“ würden vielleicht andere sagen. Obgleich die geografische Nähe zu Deutschland groß ist, Belgien ist ein Land mit einer komplett anderen Struktur, Kultur und Gesetzgebung. „Brüssel ist sehr multikulturell“, erzählt Ulrich. Auch kulinarisch hat die Stadt viel zu bieten. „Das Angebot in den Supermärkten in Belgien ist ein Traum“, schwärmt sie. Die Nähe zum Meer, das gutausgebaute Fahrradnetz, die netten Städtchen, etwa Brügge und Gent – alles Aspekte, die den Aufenthalt in Belgien für Ulrich zu einem unvergesslichen Erlebnis werden ließen.
„Auslandsaufenthalte bringen dich persönlich weiter, man wächst in der eigenen Person“, resümiert Ulrich. Natürlich sei es ein Unterschied, ob man zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn ins Ausland gehe oder in einer Managerposition arbeite. Doch Auslandsaufenthalte bilden ungemein und lassen einen offen sein gegenüber Neuem. Jeder, der wieder zurückkommt, wird ein besseres Verständnis dafür haben, welche Unterstützung Auslandsstandorte brauchen und was man lieber lassen sollte.“
Nicht nur in Bezug auf Internationalität weiß Ulrich, wovon sie spricht. Als 35-Jährige erlebte sie ein Thema in eigener Person, mit dem sie sich bereits an der Uni intellektuell beschäftigt hatte: Sie ist eine der wenigen Frauen im VW-Konzern, die sehr früh eine verantwortungsvolle Führungsposition übernommen hat. Heute ist Ulrich die erste Frau im Top-Management bei Audi. „Nach knapp zehn Jahren im Personalbereich hatte ich die Chance, an einem außergewöhnlichen Projekt mitzumachen“, erzählt sie über ihre ersten Tätigkeiten bei Volkswagen. Aufgabe war es, eine externe Personal-Serviceagentur zu gründen. Ein Projekt mit großer Außenwirkung. Mit der Folge, dass Ulrich bald die Personalleiterstelle bei Volkswagen in Salzgitter angeboten wurde. „Ein Angebot, das ich nicht ausschlagen konnte“, sagt sie.
In der Automobilindustrie hat sich für Frauen vieles zum Positiven entwickelt, meint Ulrich. „Audi hat vielfältige Maßnahmen im Köcher, um die selbstgesetzten Ziele zu erreichen. Und Absolventinnen und Absolventen mit technischem Hintergrund haben heute nahezu unbegrenzte Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt.“ Dennoch sieht Ulrich das Thema weiter mit Herausforderungen verbunden: „Die Begeisterung für Technik muss bereits in jungen Jahren, etwa im Elternhaus, geweckt werden. Nur dann werden sich die geschlechtsspezifischen beruflichen Präferenzen langfristig ändern.“
Der Artikel ist auch im Magazin “Einblicke”, dem Standortmagazin aus Neckarsulm, enthalten.