
Die Hitze ist kaum auszuhalten. Benzin ist in Brand geraten, aus der Tankstelle schlagen hohe Flammen. Im Kommandoton gibt der Staffelführer den Befehl: „Der Angriffstrupp zur Brandbekämpfung mit erstem C-Hohlstrahlrohr zur Tankstelle über den Vorplatz vor.“ Marco Buhn, Sebastian Wittmann, Georg Niedermayer und Christian Bauer haben darauf gewartet. Die vier wissen genau, was zu tun ist: Hoch konzentriert rücken sie gegen die Flammen vor. Eine Minute später ist das Feuer gelöscht. „Korrekte Löschtaktik und dynamische Strahlrohrführung“, lobt Trainer Johannes Böswirth wenig später.
Der Tankstellenbrand direkt an der Feuerwache im Werk Ingolstadt: heute zum Glück kein Ernstfall, sondern nur Übung. Diese ist Teil der Ausbildung, die die ersten vier Werkfeuerwehr-Azubis von Audi in diesen Wochen beenden. Ende Juli steht die praktische Abschlussprüfung an. Als erster Autohersteller in Deutschland hatte Audi 2012 die damals in Bayern völlig neue Ausbildung zum Werkfeuerwehrmann bzw. zur Werkfeuerwehrfrau gestartet. „Damit wird aus dem Traumberuf erstmals auch ein Lehrberuf“, sagt Josef Schweiger, Leiter der Werkfeuerwehr Ingolstadt. Zuvor rekrutierte er meist Mitarbeiter mit anderen technischen Ausbildungen, die dann eine halbjährige Weiterbildung zum Berufsfeuerwehrmann absolvierten.

Rettungstrupp: Im Rahmen der Ausbildung lernen die Azubis der Vier Ringe nicht nur die Bekämpfung von Bränden
Mittlerweile gibt es insgesamt 16 Werkfeuerwehr-Azubis bei Audi, 15 Männer und eine Frau. Im September werden erneut sechs Nachwuchskräfte ihre Ausbildung starten. „Wir können dank des neuen Berufsbildes ganz dem Bedarf der Werksicherheit entsprechend ausbilden“, betont Bildungskoordinator Xaver Mayer. Die Audi Akademie hatte das Ausbildungskonzept in enger Kooperation mit der Werkfeuerwehr entwickelt. In den ersten eineinhalb Jahren erlernen die jungen Leute handwerkliche Grundlagen wie Metall-, Holz-, Installations- und Elektrotechnik. Später hilft dieses Wissen bei Einsätzen; etwa wenn es darum geht, einsturzgefährdete Wände abzustützen, nach einem Unfall Autos aufzuschneiden oder bei einem Brand die Gefahr durch Elektroanlagen einschätzen zu können.
Im Anschluss folgt die Ausbildung zum Rettungssanitäter. Dafür müssen die Azubis mindestens 18 Jahre alt sein. „Hier werden die jungen Leute mit Leid und Tod konfrontiert“, sagt Josef Schweiger. Denn Teil des 13-wöchigen Lehrgangs sind sowohl Einsätze im Krankenhaus als auch im Rettungswagen. Die ersten vier Azubis hat gerade dieser Teil der Ausbildung tief beeindruckt. „Man kriegt sehr viel vom Leben anderer Menschen mit“, erzählt Sebastian Wittmann. „Und man freut sich, wenn man helfen kann.“ Auch Georg Niedermayer möchte die Erfahrungen nicht missen und engagiert sich nun ehrenamtlich als Rettungssanitäter.
Weiter geht es mit der Feuerwehrgrundausbildung. Dazu gehört der Lkw- Führerschein ebenso wie ein Motorsägenlehrgang und der Umgang mit Atem- und Chemikalienschutzanzügen. Außerdem trainieren die Azubis, wie man Personen aus Gefahrensituationen befreit – oder eben wie man eine Tankstelle löscht. Rund 1.900 Einsätze im und um das Werk absolviert die Werkfeuerwehr Ingolstadt jedes Jahr – von der Aufzugsbefreiung über technische Hilfeleistung bei Verkehrsunfällen bis zur Brandbekämpfung. Hinzu kommen Präventionsmaßnahmen wie Brandschutzbegehungen oder die Wartung sämtlicher Feuerlöscher.
Wenn die vier Azubis ihre Abschlussprüfung bestehen, gehören sie ab Ende Juli fest zum Team. „Es ist einfach Wahnsinn: Feuerwehrmänner, das waren die Helden meiner Kindheit“, meint Christian Bauer, der schon mit 14 zur Freiwilligen Feuerwehr ging. „Dass ich aus meinem Hobby nun meinen Traumberuf machen darf, ist einfach ein unglaubliches Glück!“


